Hier finden Sie Texte, Gedichte und Musik zur Trauerverarbeitung

 


Liebe Eltern, liebe Geschwister, liebe Großeltern, liebe Freunde liebe Betroffene
Ja betroffen sind wir wohl alle, sonst würden Sie nicht diese Internetseite besuchen.
Auch ich bin betroffen. Sie sind nicht alleine.
Unser Leben veränderte sich schlagartig an dem Geburtstag meiner Frau. Mit Verdacht auf Blasensprung fuhren meine Frau und ich voller Hoffnung ins Krankenhaus und freuten uns auf die bevorstehende Geburt unseres Sohnes Matteo.
Im Krankenhaus angekommen erhielten wir die Schreckensnachricht.  Das Bild, in dem meine Frau weinend auf der Untersuchungsliege sitzt, verfolgt mich heute noch.
Matteos Herz schlug nicht mehr. Eine Welt bricht zusammen. Alles wird schwarz. Es gibt keine Antwort auf die Frage WARUM. Für den intrauterinen Fruchttod (IUFT) gab es in unserem Fall keinen Grund.
Der sogenannte Blitzschlag aus heiterem Himmel, eine Naturgewalt.
In den Tagen und Wochen der Trauer habe ich versucht alle meine Gefühle und mein Erlebtes in Worte bzw. in Songtexte zu fassen.
Dabei kamen diese zwei Lieder heraus, die sie nun hier auf der Homepage hören können. Es war mir wichtig dieses Tabuthema anzugehen und, so seltsam es sich anhört, etwas Schönes daraus zu gestalten.
Der Song „Nachtblick“ entstand ca. 3 Wochen nach dem Tod unseres Sohnes. Der Song „Träume“ ein paar Wochen später. Ich hoffe, dass ich mit diesen Liedern Eltern und allen Menschen, die so eine schreckliche Erfahrung machen mussten etwas an die Hand geben kann, woran man sich festhält. Vielleicht hilft es die Emotionen zu kanalisieren und irgendwann wieder das Helle in der Welt betrachten zu können.
Ein großes Dankeschön möchte ich hier an unsere Familien und Freunde aussprechen, welche sich nach dem Tod von Matteo und auch jetzt noch rührend um uns kümmern.
 Ebenso geht mein Dank an Andy Heinen, der mich sehr empathisch in seinem Tonstudio aufgenommen und begleitet hat.
Zu Guter Letzt ein riesen Dank an Caro Hein die uns aufgrund ihrer Professionalität und ihrer Empathie die dunkelsten Stunden unseres Lebens, im Krankenhaus, so erträglich wie möglich gestaltet hat.
Ich wünsche Ihnen allen viel Kraft, aber vor allen Dingen Hoffnung und viel Liebe, die Sie durch diese schwere Zeit trägt.

Herzlich

Damian Malmedy

 

 


Der Tag beginnt um fünf. Kuscheln mit meinem Kind, spielen, anziehen, lachen. Auf zum Kindergarten. Ich drehe noch eine Runde durch die Weinberge in der Morgensonne. Zu Hause schnell duschen und noch ein kleines Frühstück bevor der Arbeitstag startet.
Während der Kaffee durchläuft tritt sie leise neben mich. Ich habe sie gar nicht kommen hören. Sie muss einen Schlüssel haben.
Mein Blick verschwimmt, die Welt wird leise. Auf einmal ist alles weit weg. Als wäre ich in einer anderen Sphäre.
Sie legt mir ihre kalte Hand aufs Herz. „Hallo Trauer. Eigentlich passt es grade nicht“, will ich sagen. Aber sie hört ja doch nicht.
So ist das mit der Trauer. Sie kommt. Sie geht. Wie Wellen auf dem Meer. Wenn es glatt und ruhig daliegt, vergisst man schonmal seine Tiefe und Unruhe. Wie hoch die Wellen schlagen können, weiß man meistens erst, wenn man mitten drin ist.
Manchmal ist es lange ruhig. Du glaubst, jetzt hast du es verarbeitet. Es geht weiter wie bisher. Doch dann kommt sie auf einmal wieder. Vielleicht ist dir etwas begegnet, das deine Trauer getriggert hat. Ein Lied, ein Gegenstand, ein Gefühl. Vielleicht hast du sie aber auch unbewusst verdrängt und jetzt fordert sie ihren Raum ein. Oder es gibt Veränderungen, Verunsicherungen.
Egal, ob das, was deine Trauer ausgelöst hat Wochen oder Jahre her ist.
Ich möchte dir sagen: Du bist nicht verrückt. Du bist nicht falsch. Du bist nicht schwach.
Das ist Trauer. Sie begleitet dich dein Leben lang. Mal leise und unbemerkt, mal laut und schwer. Du lebst mit ihr. Wohl oder übel. Du kannst verarbeiten. Vor allem aber kannst du lernen, zu akzeptieren, dass sie da ist. Nicht gegen die Trauer ankämpfen, sondern annehmen, dass sie manchmal Raum und Zeit braucht, damit du nicht krank wirst.

Pfarrerin Vera Zens, Trier

 


 

Unvollständigkeit

Ich versuche zu begreifen,
doch das Andenken stört meine Gedanken.
Ich versuche zu laufen,
doch das Innehalten durchkreuzt meinen Weg.
Ich versuche zu sehen,
doch die Bilder verwischen meine Erinnerung.
Ich versuche zu erzählen,
doch meine Stimme bricht in der Begegnung.
Ich versuche zu schweigen,
doch die Töne der Welt erschüttern mein Haus.
Ich versuche zu atmen,
doch die Schwere drückt auf meine Flügel.
Ich versuche zu leben,
doch meine Geschichte ändert mich unentwegt.
Ich versuche zu verbinden,
doch meine Angst umzäunt meine Liebe.

Was hilft, ist das Anpacken mit Anderen,
das Durchgehen der Erfahrungen,
das Absehen von meinen Unzulänglichkeiten.
Was heilt, ist die Achtung der Grenzen,
die wärmende Hand ohne Worte,
damit der Klang des Herzens die Seele erreicht.
Was gut tut, ist in Ruhe Luft holen
für neue Pfade und sich wandelnde Spuren,
damit Türen zueinander aufbrechen
und die Achtsamkeit miteinander bleibt.
Denn: Vergehen geschehen,
Geschehen vergeht,
drum hilft Verstehen,
wenn Bewegen nicht geht.
Achtung vor der Achtung,
Toleranz für die Grenzen des Einzelnen
und Vertrauen in das Ganze.
Bereichernder, lebendiger Austausch,
bewegungslose, angefüllte Stille,
Begleitung in der Entdeckung von mir
und Liebe in der Verbindung zu Dir.
Empfinden ohne Empfindlichkeit,
Enden ohne Endlichkeit,
Annehmen ohne Vorannahmen,
Beheben ohne Überheblichkeit.
Ein Anfang – ein Ende
und in der Mitte die Lücke,
die zu füllen bleibt.

J. Golda


 

 

Gedanken einer Mutter
zum 6. Jahrestag ihres Sohnes Simon

es ist immer wieder das Gefangensein im Schmerz
und eine Form der Einsamkeit,
die man an den Jahrestagen erlebt.
eine Welle,
die langsam anschwappt,
man sieht sie kommen,
man wird die Luft anhalten,
man wird durchschwimmen…
und man wird wieder auftauchen….

Karolin, im August 2010

 


 

Ich brauche Zeit
um mich einzulassen
um dich loszulassen
um dich gehen zu lassen 
Ich brauche Zeit
um mich selbst zu finden
um Anfang und Abschied zu verbinden
um wieder Kraft zu finden 
Ich brauche Zeit
um um dich zu weinen
um in Gedanken mit dir zu sprechen 
Ich brauche Zeit
um zu lernen mich vor Schlechtem zu schützen
um mein Leben neu zu ordnen
um nach einem Sinn zu suchen 
Ich brauche Zeit
um wieder Luft zu bekommen
um weiter zu gehen
um das Licht am Ende des Dunkeln zu sehen

Margit Müller